Sonntag, 21. Oktober 2018

Vorsicht im Trubel von San José!

Busfahren zählt bisher zu meinen günstigsten Erfahrungen in Costa Rica. Für nur 4000 Colones (6€) fährt man von Sámara bis nach San José. Das ist eine Strecke von etwa 240 km!




Fünf Stunden Busfahrt bis San José

Letztes Wochenende haben Anna und ich es gewagt drei Nächte in San José zu verbringen. Gewagt aus dem Grund, weil wir vom gefährlichen Busbahnhof bei Nacht, Diebstählen und Waffengewalt wussten. Doch wir waren uns einig, wir wollten eintauchen in das Flair der großen Stadt und die Highlights entdecken. Gut vorbereitet, trugen wir alle Wertgegenstände versteckt am Körper und nur das Nötigste war dabei.

San José, die Hauptstadt Costa Ricas ist mit 340 000 Einwohner die größte Stadt des Landes und liegt etwa 1200 m hoch. Nachts wird es kühl, bei 14 Grad lässt sich gut ohne Moskitonetz schlafen. Die saugenden Stecher sind schließlich alle bei meiner Gastfamilie in Esterones! 😆

Die Stadt zeigt sich sehr laut und geschäftig. Die Straßen allesamt völlig verstopft, ein immerwährendes Verkehrschaos bestimmt das Leben in der Stadt. Die Straßennamen des alten Stadtzentrums sind im Schachbrettmuster angelegt. Die „Avenidas“ verlaufen von Ost nach West und die „Calles“ von Nord nach Süd. 



Für Samstag früh stand „Mercado Central“ auf dem Plan. „Mercado Central“ ist ein authentischer überdachter Zentralmarkt mit traditionellen Shops, in dem die Einheimischen für den täglichen Bedarf einkaufen. Bunt gewürfelt reihen sich über 200 kleine Läden aneinander. 

In Gedanken werde ich für Euch jetzt ein weiteres Mal die Halle betreten:


Gleich neben dem Metzger winkt mich der Schuhverkäufer lauthals zu seinen Sandalen. Im lauten Stimmengewirr kann ich ihn kaum verstehen und von irgendwoher zieht übler Geruch in meine Nase .... ich schaue nach rechts und entdecke ein hölzernes Regal, gefüllt mit vielen mir unbekannten Käsesorten.





.... und weil abgehärtete Marktbesucher (ich gehöre nicht dazu) gerne Hunger und Durst bekommen wird in der Mitte des Marktes frisch zubereitetes Essen verkauft. Dem Besucher bleibt dabei keine einheimische Spezialität verborgen. Die Rundum-Thekensitzplätze machen es möglich, dass man den Köchen in die rustikalen Pfannen und Töpfe schauen kann. 




Churreadas con Plátanos y Ceviche 
(Maispfannkuchen mit Kochbananen und Fischsalat)

Bunte Cocktails lassen die Kassen klingeln. Aufmerksam beobachte ich das blitzschnelle Mischen der Zutaten. Knallroter Flaschensirup und eine großzügige Schaufel Zucker geben die Grundlage im Mixer. Den größten Anteil haben zerkleinerte Eiswürfel (etwa 80%). Kreischend springt die Maschine an und schon Sekunden später fließt die eisige Cocktailcreme in geschmackvoll dekorierte Gläser. Ein äußerst gefragtes Getränk, nicht nur hier auf dem Markt.

Etwas weiter schauen Touristen im Ramsch, freuen sich und kaufen Sachen die die Welt nicht braucht. In den langen, düsteren Gängen drängen sich die Menschen. Marktschreier sorgen für chaotischen Lärm und an jeder Ecke weht ein anderer Geruch. Kräuter, Gewürze, Obst, Gemüse, Fleisch, Kleidung und Souvenirs, alles zusammen ein Feuerwerk an Düften und Farben.






Hier werden tatsächlich alle Sinne beansprucht! Aber immer wieder habe ich im Gedränge das Gefühl, dass sich jemand an meinem Rucksack bedient. Das Unwohlsein wächst, wir werden schneller. Gefangen im Labyrinth der Markthalle suchen wir nach Tageslicht und sind schließlich froh den Ausgang gefunden zu haben.

Auf der Suche nach weiteren Highlights bewegten wir uns in Richtung Fußgängerzone. Auch hier wimmelte es nur so von Menschen und ich fragte mich ob wir besser an einem anderen Wochentag nach San José gekommen wären ....


Im Hintergrund „Catedral Metropolitana“

Da San José erst seit 170 Jahren besteht hat die Stadt im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Hauptstädten nur wenig historische Gebäude. Aber man findet sie, neben unschönen Betonklötzen steht hier unter anderem das wunderschöne Post- und Telegrafengebäude aus dem Jahr 1917 im Stil der französischen Renaissance.


Eine der sehenswertesten Kirchen der Stadt liegt direkt am Zentralpark. Die „Catedral Metropolitana“ vereint griechisch-orthodoxe, neoklassizistische und barocken Stil. Das innere der Kirche ist durch 14 Säulen geteilt. Über dem Altar befindet sich eine farbenfrohe und gut beleuchtete Kuppel. Bewundernswert sind der außergewöhnliche Fliesenboden im Kolonialstil und die beeindruckenden Buntglasfenster der Kirche.


Neben diesen Schönheiten wirkten die vielen Ramsch-Läden abschreckend. Die Fußgängerzone glich einem Jahrmarkt, vor den Läden standen „Marktschreier“, die ihre Ware anpriesen und die Kunden ins Geschäft lockten. Erschreckend viele Männer mit aufdringlichen Blicken begegneten uns, und nicht selten wurden wir angesprochen. Waren das Ablenkungsmanöver? Wir hatten Angst um unsere Rucksäcke. Schon früh machten wir uns auf den Weg zum Hostel um noch vor Anbruch der Dunkelheit in Sicherheit zu sein.

Den Sonntag begannen wir mit der Besichtigung des „Theatro National“.  Das Nationaltheater wurde 1891 nach dem Vorbild der Pariser Oper im klassizistischen Baustil errichtet. Da sonntags für Besucher geschlossen ist, nutzten wir die Möglichkeit im dazugehörigen Kaffeehaus eine Pause einzulegen. Dort machten wir Gebrauch vom "Trick" die Toilette des Hauses zu nutzen .... so blieb auch uns der Stiel und die Eleganz des Theaters nicht verborgen. Beeindruckende Marmor-Arbeiten, Wandmalereien, goldene Stuckdecken und elegante Ledersitzreihen zieren das prächtige Theater. 


Immer noch beeindruckt vom kolonialen Theater-Palast haben wir uns dann für einen grassen Gegensatz entschieden: „Was wird in Costa Rica auf einem Flohmarkt verkauft?“ Kurze Zeit später wussten wir es .... Costa Rica ist ein armes aber kreatives Land! Ein Flohmarkt in San José bietet sehr viel von dem, was man in Deutschland schon längst in den Müll geworfen hätte. Schrott, uralte Elektrogeräte, ausgelatschte Schuhe mit Löchern, verrostete, wieder plattgeklopfte Nägel, alte Glühbirnen .... denn man weiß nie, die könnten ja irgendwann wieder funktionieren!? 

Gleich danach besuchten wir den „Mercado Artesania“, einen kleinen Künstlermarkt mit typischen costa-ricanischen Kunsthandwerken. Unterschiedlichste Naturmaterialien, verarbeitet zu allerhand nützlichem wie Taschen, Hüte, Decken, Schmuck, Schüsseln und vieles mehr, werden hier verkauft. Sehr farbintensiv und alles individuell von Hand gemacht. 
Made in Costa Rica? Wer weiß ....

Echt blödsinnig und passt auch gar nicht hierher, aber wenigstens einmal im Leben wollte ich ein Hard Rock Café (HRC) von innen sehen. In San José gab es die Möglichkeit! 
Für alle die es noch nicht wissen, HRC ist eine Restaurant-Kette mit etwa 180 Filialen in über 70 Ländern der Welt. Bekannt wegen kultiger Atmosphäre, guter Musik und Ausstellungsstücken, die auf Auktionen gekauft oder direkt von Musikern zur Verfügung gestellt werden. HRC besitzt die größte Musikexponatensammlung der Welt. Signierte Gitarren, Bühnenkleidung, goldene Schallplatten und vieles mehr dient als Wanddekoration in den Cafés.


So kam es, dass wir im 10 km entfernten Hard Rock Café unser Mittagessen einnahmen. Es war nicht viel los, denn hier beginnt erst am Abend der Tag. Unser Vorteil: Freier Blick auf die ausgestellten Exponate der großen Stars!



Zum Essen wählten wir altbekannte „Geschmacksträger“ anstatt "Gallo Pinto". Von den Preisen reden wir besser nicht ....


Auch Johanna und Janis waren über das Wochenende in San José. Den Abend verbrachten wir zu viert im Restaurant des Hostels. Es gab allerhand zu erzählen und wir hatten viel Spaß beim Austausch unserer Erlebnisse. Sehr interessant fand ich, dass die beiden lockerer durch die Stadt gezogen sind und sich weniger belästigt fühlten. Lag es etwa daran, dass Anna und ich ohne Mann unterwegs waren??? 😢

Am Montag früh um 5 Uhr startete der Bus, mit dem ich schon vor sieben Wochen den Weg nach Esterones gefunden habe. 
Es goss wieder mal wie aus Eimern, die Scheibenwischer des Busses arbeiteten gegen die Wassermassen und der Regen trommelte lautstark aufs Blech. Wir wurden immer langsamer und irgendwann ging gar nichts mehr. Überflutete Straßen und umgefallene Bäume legten den Verkehr lahm. PURA VIDA, irgendwie wird`s schon weiter gehen! Und so war es dann auch, mit zwei Stunden Verspätung erreichten wir das Ziel. 


Oktober, Höhepunkt der Regenzeit (380 l/qm). 

Fazit:
San José ist ein teures Pflaster. Essen sollte man am besten nur in den kleinen Straßenläden, denn für einen Restaurantbesuch zahlt man deutlich mehr als in Deutschland. Aufgrund meiner Eindrücke wird mich San José wohl nur noch zum Übernachten bei einem Hin- oder Rückflug sehen. Ich ziehe kleinere Orte und Naturschönheiten den aufdringlichen Großstädten vor.

1 Kommentar:

  1. Schade, dass dir San José bei deinem ersten längeren Aufenthalt dort nicht so zugesagt hat.
    Ich kann deine Eindrücke verstehen, gleichzeitig habe ich persönlich die Erfahrung gemacht, dass man sich auch ganz schnell an das hektische, bunte und manchmal auch bedrohlich erscheinende (Groß-)Stadtleben gewöhnt.
    Ich bin zwar noch nie dort gewesen, kann mir aber gut vorstellen, dass sich deine Eindrücke nach einem zweiten Aufenthalt in San José vielleicht mit männlicher Begleitung verändern werden.
    Klar muss man aufpassen aber man sollte keine Angst haben.

    Liebe Grüße aus Chile

    PS: Busreisen sind auch im sonst sehr teuren Chile genau so günstig wie bei dir.

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